Um dem über die Jahre stetig gewachsenen Ansturm auf der Notfallstation gerecht zu werden, hat das GZO Spital Wetzikon in Zusammenarbeit mit den Hausärzten der Region im März 2017 eine Notfallpraxis auf dem Spitalgelände eröffnet. Als erste Anlaufstelle für Abklärungen von Bagatellverletzungen zu Randzeiten ist sie im ersten halben Jahr sehr erfolgreich gestartet.
«Wegen eines Zeckenbisses auf den Notfall? Den verstauchten Zeh lieber noch schnell am Wochenende abklären lassen, bevor unter der Woche wieder kaum Zeit ist? Und wenn man schon einmal da ist, kann ja auch gleich noch die Stelle am Rücken untersucht werden, die manchmal so unangenehm zwickt. Schliesslich sind ja in einem Spital alle Spezialisten rund um die Uhr verfügbar.»
Solche oder ähnliche Gedanken dürften vielen Patienten schon einmal durch den Kopf gegangen sein, die sich auf den Weg zu einer Notfallstation machten. Denn tatsächlich werden auf einem Notfall nicht nur schwerste Verletzungen oder Erkrankungen behandelt, bei denen es um Leben und Tod geht, sondern eben auch Bagatellen wie beispielsweise Schnittverletzungen, Prellungen oder Kopfschmerzen. Hier prallen Welten aufeinander. Abgewiesen wird niemand. Die Folge ist klar: Notfallstationen sind gut ausgelastet. Auch die am GZO Spital Wetzikon.
Während im Jahr 2000 noch rund 6 500 Patienten die Notaufnahme am GZO aufsuchten, waren es 2016 bereits 15 716. Die Zahl der ambulanten medizinischen Abklärungen hat sich in dieser Zeit mehr als vervierfacht. Dafür gibt es verschiedene Gründe: Eine wichtige Rolle spielt, dass die Zahl niedergelassener Ärzte in der Region zurückgeht und Hausärzte auf Tage und Wochen ausgebucht sind. Gerade jüngere Patienten haben oft überhaupt keinen Hausarzt mehr. Sie steuern lieber direkt das Spital an, wo Spezialisten und neuste Geräte 24 Stunden am Tag zur Verfügung stehen, um alle Abklärungen gleich vor Ort vorzunehmen. Da der Notfall auch nach Dienstschluss offen steht, gibt es ausserdem keine Absenzen am Arbeitsplatz. Aber auch fehlende Information ist ein Faktor: Viele Patienten wissen gar nicht, dass per Notfalltelefon selbst in der Nacht und am Wochenende in jeder Region ein Hausarzt für Notfälle bereit steht.
Schon 2003 hat das GZO auf die stetig steigenden Zahlen von Notfallpatienten reagiert und die Notfallstation erweitert. Über die Jahre hat sich allerdings immer klarer abgezeichnet, dass der reine Ausbau der Kapazitäten nicht ausreicht, um dem Trend zu begegnen. Parallel hat sich eine Gruppe niedergelassener Hausärzte der Region schon seit Jahren dafür eingesetzt, dass das GZO die Möglichkeit einer Notfallpraxis prüft. Wurde dies anfangs von beiden Seiten noch kontrovers diskutiert, erkannte man immer mehr die Chance, auf diese Weise einem zunehmenden Bedürfnis der Patienten und niedergelassenen Kollegen entsprechen zu können.
Die Notfallpraxis hat am 1. März 2017 ihren Betrieb aufgenommen. Das GZO stellt die Räumlichkeiten, die Infrastruktur und personelle Ressourcen – die ärztliche Verantwortung jedoch liegt allein bei den Hausärzten. Administrativ wird die Praxis vom Spital und den Hausärzten gemeinsam geführt: Sowohl in der Steuerungs- wie auch in der Betriebskommission sitzen Hausärzte und Spitalvertreter. Die Praxis nutzt wochentags von 18 bis 22 Uhr und am Wochenende beziehungsweise an Feiertagen von 9.30 bis 22 Uhr die Räume der Tagesklinik im Erdgeschoss.
Viele Patienten sind unsicher, ob es angemessen ist, wegen ihren Beschwerden einen Notfall aufzusuchen. Auch diese Personen können sich weiterhin beim GZO-Notfall melden. Das Notfallpflegepersonal entscheidet dann bei einer Triage, wo die Weiterversorgung stattfindet. Das System kategorisiert die Art der Verletzung nach Schweregrad von 1 bis 5. Während Patienten der Kategorie 1 mit schwersten Verletzungen sofort in den Schockraum gebracht werden, werden Patienten der Kategorien 4 und 5 nun in der Regel in der Notfallpraxis vom diensthabenden Hausarzt behandelt. Sie werden gebeten, vorerst im Wartebereich gegenüber der Reception Platz zu nehmen. In der Notfallpraxis werden kleinere Wunden versorgt, Ruhe-EKG geschrieben, Laborwerte bestimmt, Medikamente und Orthesen verordnet – eben alles, was der Hausarzt sonst auch in seiner Praxis macht. Das Angebot wird gut angenommen: Jeden Monat werden mehr Patienten in der Notfallpraxis behandelt, durchschnittlich sind es abends unter der Woche sechs und am Wochenende 15. «Das Angebot ist auch in unserer Region ein Bedürfnis und wird von der Bevölkerung gerne genutzt», sagt Ursula Stäheli, Leiterin der Notfallpflege. Um der stetig gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden, wurden die Öffnungszeiten der Notfallpraxis am Wochenende seit Juli auf 22 Uhr ausgedehnt.
Die Zahl der Patienten auf dem GZO-Notfall ist trotz dem neuen Angebot gleichbleibend. Dennoch bedeutet die Notfallpraxis eine grosse Entlastung. Mit der Trennung der leichten von den schweren Fällen entsteht mehr Platz für jene Patienten, die tatsächlich dringend Hilfe benötigen. So ist auch Ursula Stäheli dankbar: «Wir haben wieder mehr Kapazitäten für unsere Patienten, gerade auch räumlich.» Am meisten profitieren aber natürlich die Patienten: Kleinere Notfälle können jetzt effizient behandelt und Wartezeiten verkürzt werden.
Auch die Hausärztinnen und Hausärzte beurteilen die Zusammenarbeit sehr positiv. Ihnen ist der flächendeckende und qualitativ hochwertige Notfalldienst für ihre Patienten ein grosses Anliegen. Der sich laufend verschärfende Hausärztemangel, die zeitliche Überlastung und die nicht kostendeckende Abgeltung von Hausbesuchen und Nachtdiensten erschweren dies jedoch zunehmend. Dank der Notfallpraxis am GZO können Hausärztinnen und Hausärzte nun einen ärztlichen Notfalldienst für die Region rund um die Uhr aufrechterhalten. Über Nacht und am Wochenende werden Notfälle durch die SOS-Ärzte betreut.
Der hausärztliche Notfalldienst für eigene Patienten in den Arztpraxen tagsüber besteht unverändert. Auch Weiterbehandlungen sowie reguläre Konsultationen finden in den Praxen der Hausärzte statt.
Manuela Bottarel, Leiterin Guest Relation & Freiwillige, über Freiwilligenarbeit am GZO.
Zum BeitragBarbara Schibli, Leiterin HRM, spricht über die Philosophie einer «Lernenden Organisation» und wie wir diese am GZO umsetzen.
Zum BeitragIm Ambulanten Zentrum des GZO Spital Wetzikon werden chirurgische Eingriffe durchgeführt, die eine Heimkehr am selben Tag erlauben.
Zum Beitrag