«Die Verdauung» – oder was passiert eigentlich mit dem, was auf unserem Teller liegt?

05/2016: Wie unser Körper Nahrung verarbeitet – vom Fachmann erklärt

Der Anblick des saftigen Entrecôtes, der Duft des Frischgegrillten und das Knistern des Fettes, das in den Flammen des Grills zergeht und mit einem heissen Zischen für immer entschwindet, lassen die Speicheldrüsen auf Hochtouren laufen. Uns läuft das Wasser im Mund zusammen.

Vorbereitung ist alles

Mit diesem wässrigen Mund und möglicherweise einem Schluck Bier spülen wir den zerkauten ersten Bissen in die Speiseröhre und hinunter in den Magen. Dieser wartet knurrend schon sehnlichst, denn auch hier wurden die Pumpen bereits angeworfen, und jetzt möchte auch der Magensaft am bereits nahezu unkenntlich gewordenen ehemaligen Entrecôte zu Werke gehen. Unterstützend knetet der Magen mit seinen Falten das Gemisch hin und her und vermischt es mit der immer neuen Kost, die von oben nachgeschoben wird.

(Fast) Kein Weg zurück

Wenn das somit Zerkleinerte endlich durch den Magenpförtner («Pylorus») hindurch in den tiefen des Dünndarms entschwindet, ist damit auch sein Erhalt im Inneren unseres mehrere Meter langen Darms praktisch gesichert. Schliesslich wird der Weg rückwärts durch ruckartiges Zusammenziehen aller bisherigen Strukturen inklusive des Zwerchfells immer weniger wahrscheinlich, sobald der Brei den Zwölffingerdarm passiert hat. Hier wird die Galle aus der Leber hinzugefügt, um das verbliebene Fett in kleine Gallekügelchen einzupacken, bevor es durch die aber und aber Millionen von Darmzotten in die Blutbahn aufgenommen wird. Nur wenn es uns ganz heftig schüttelt, kommt von so tief unten sogar die Galle noch hoch und hinterlässt den bitteren Nachgeschmack, der uns das Vergnügen am Rest des Fleisches und dem Kartoffelsalat auf unserem Teller so grundsätzlich zu verderben vermag.

Wertstoffverarbeitung

Auch die Bauchspeicheldrüse übernimmt ihren Teil an der Verdauung und produziert verschiedene Verdauungssäfte, welche die anderen Nahrungsbestandteile fein säuberlich bis auf ihre chemische Grundstruktur aufspalten und so ihre Aufnahme in die Blutbahn ermöglichen. Ähnlich einem Sessellift, der die vielen Leute, die mit der grossen Gondel schon leicht durchgeschüttelt in der Mittelstation angekommen sind, nun einzeln oder zu zweit, dritt oder viert auf den Gipfel befördert, spalten diese Säfte die Nahrung in ihre Einzelteile. Nur ist hier der Gipfel nicht oben, sondern tief im Inneren, in der Leber, wo die Moleküle weiterverarbeitet, gespeichert oder direkt in Energie umgewandelt werden. Was übrig bleibt, sind auch hier die leeren Sessel, die wieder zurück an die Oberfläche der Schleimhaut gelangen, um neue Passagiere aufzunehmen.

Hierbei werden Tag für Tag, Stunde um Stunde, vor allem nachts, mehrere Liter des Gemischs aus Nahrungsteilen und Verdauungssäften durch die vier bis fünf Meter Dünndarm hindurchgespült, den wir sonst nur in Form von Häuten unserer Bratwürste und Cervelats kennen, die auch noch auf dem Grill liegen. Immer wieder hin und her geht es mit dem Ganzen, bis alles in seine Einzelteile zerlegt und fein säuberlich an den richtigen Ort gebracht worden ist.

Ausgeklügeltes Verwertungssystem

Was nun etliche lange Stunden nach dem ersten Bissen als Überbleibsel an der Klappe ankommt, wird dort peux à peux vom Dünndarm in den Dickdarm gespült. Nun beginnt unser grösstes Biokraftwerk zu arbeiten, denn der Brei wird von den unzähligen Bakterien, von denen es mehr gibt, als wir Zellen in unserem Körper haben, verdaut und verarbeitet. Unser Abfall ist schon im Körper ihre Nahrung und dient so dem Erhalt ihrer Gattung. Das Ganze ist ein ausgeklügeltes System verschiedenster, im Normalfall friedlich aufeinander abgestimmter Bakterienarten, eine in jedem Körper einmalige Mischung. Nach dem Motto «leben und leben lassen» funktioniert diese Maschine, bis eine dieser Arten überhand nimmt, das Gleichgewicht aus dem Ruder läuft und sich als Sturzbach wässrig in Form von Durchfall entleert. Durch gleichzeitiges Absondern von Wasser durch die Darmwand beschleunigt der Körper nämlich das Ausstossen der «unangenehmen» Bakterien und sorgt damit dafür, dass möglichst schnell das friedliche und ausgewogene Nebeneinander wieder hergestellt wird.

Zu guter Letzt

Drei Tage später, wir haben den schönen Grillabend noch in guter Erinnerung, bleibt ein Häufchen Stuhl übrig, das mit einem lauten Rauschen sogleich im Untergrund der Kanalisation verschwindet.

Das heisst, wenn es denn überhaupt je zu Tage tritt. Ist nämlich zu wenig Flüssigkeit vorhanden, weil wir das Fleisch nicht mit genügend Wasser oder Ähnlichem hinuntergespült haben, so sind wir verstopft und können nur mehr unter starken Pressen und nach viel Geduld das stille Örtchen verlassen oder brauchen allerlei Abführmittelchen und Pülverchen, um den Darm zu entleeren und uns der harten «Bölleli» tack, tack, tack zu entledigen.

Im Normalfall aber werden die letzten Reste unseres Grillabends noch zwei bis drei Tage nachher dafür sorgen, dass unser Organismus mit genügend Nährstoffen versorgt ist. Dabei ist die immense Reservekapazität auch für Zeiten angelegt, in denen unser Körper von den Energiespeichern zehren muss, die er um die Hüften angesammelt hat.

Guten Appetit

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